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Ein großer Gewinn für die Kleinkunst: Michael Feindler

Am 29. November kommt ein junger literarischer Kabarettist auf unsere Bühne: der Berliner Michael Feindler. Seine Kunst bringt frischen Wind in die Szene, denn er versteht es pointiert, intelligent und mit Versmaß Tiefgründiges und Heiteres zur Sprache zu bringen und in geschliffenen Liedtexten mit der Gitarre zu besingen. Ins Renitenz bringt er sein neues Kabarettprogramm mit „Ihr Standort wird berechnet“, in dem es vor allem darum geht, zwischen Klimakollaps, Demokratiekrisen und unübersichtlichen Datenströmen Wege für politische Visionen freizuschaufeln. Wir empfehlen Ihnen das Programm wärmstens! Kabarett-Kollege Max Uthoff meinte übrigens über den Nachwuchskünstler: „Michael Feindlers Humor ist schwerelos und schwarz, durchtrieben und durchdacht. Bedrückend schöne und erhellende Gedichte stehen bei ihm Schlange und hinter der Fassade des juvenilen Charmes blitzt eine Hinterlist, die mich glücklich lächelnd zurücklässt. Jede gesellschaftliche Umwälzung braucht einen Revolutionsdichter. Den Dichter haben wir jetzt. Fehlt nur noch die Revolution.“

Tickets für „Ihr Standort wird berechnet“ gibt es direkt hier.

Außerdem empfehlen wir Ihnen einen Exkurs auf Michael Feindlers Blog. Dort findet sich hervorragender Lesestoff aus der Feder des Künstlers! Einen der Beiträge, in dem sich Feindler für ein friedliebendes, einiges Europa ausspricht, möchten wir Ihnen hier – aus Anlass zunehmender Fremdenfeindlichkeit und rechtem Extremismus – auszugsweise vorstellen. Den Link zum vollen Text finden Sie am Ende des zitierten Textes:

„Ich bin im Jahr 1989 in Deutschland geboren – in jenem Jahr, als die Berliner Mauer fiel. […] Ich bin in dem festen Vertrauen auf ein geeintes Europa aufgewachsen. Ich konnte in meiner Jugend quer durch die EU reisen, ohne auch nur ein Visum zu beantragen. Das war toll. Und in den meisten Ländern musste ich nicht einmal mehr Geld umtauschen.  […] Ich habe deshalb jahrelang geglaubt, dass der Frieden in Europa durch die Menschen meiner Generation immer stärker würde. Ich war wirklich überzeugt, dass eine Generation, die manche Mauern zwischen den Nationen nie kennen gelernt hat, auch keine neuen Mauern errichten würde. Ich war optimistisch, dass Fremdenfeindlichkeit und Rassismus — langfristig betrachtet — auf dem Rückzug wären. Zumindest in Europa.

Heute bezweifle ich das. Ich habe Angst davor, dass auch meine Generation wieder anfängt, neue Grenzen in Europa zu ziehen. Und das, obwohl sie theoretisch unter besseren politischen Bedingungen aufgewachsen ist als die Generation zuvor. Unser Weltbild ist nicht von zwei großen politischen Blöcken geprägt, die sich feindselig gegenüberstehen. Wir sind keine Kinder des Kalten Krieges. Wir denken immer häufiger europäisch, weniger national. Es ist für uns selbstverständlich geworden, uns innerhalb der EU frei zu bewegen. Und wir werden skeptisch, wenn sich dieses so friedens- und freiheitsliebende Europa gewalttätig nach außen abschottet.

Wir habe jedoch ein Problem: Uns fehlt Macht. Unser Denken, das auf Dauer die letzten Grenzen überwinden könnte, gibt nicht den Ton an. Denn in Europas Parlamenten und Verlagshäusern sitzt nach wie vor eine einflussreiche Riege an Leuten, die alles tut, um ihre Macht zu erhalten. Für sie gibt es Allianzen, aber keine Solidarität. Und diese Leute werden das nationalistische Gift weiterhin unters Volk mischen, wenn es ihnen nutzt. Sie werden auch in Zukunft ihre ekelhaften Äußerungen über „die Deutschen“, „die Rumänen“ oder auch „die Griechen“ von sich geben. Sie werden weiterhin die Grenzen zwischen den Nationen betonen und gleichzeitig die Fronten zwischen wachsender Armut und ansteigendem Reichtum verschweigen. Eigentlich sind diese Leute aus der Zeit gefallen, weil sie für ein Weltbild und ein Europa stehen, das ausgrenzt, statt zu integrieren. Aber tragischerweise kleben sie an den Sesseln der Macht und bestimmen den politischen Kurs.

Mir macht das Angst. Ich befürchte, dass diese Menschen es schaffen könnten, auch in den Köpfen meiner Generation Grenzen hochzuziehen. Grenzen, die wir bisher nicht kannten. Grenzen, von denen ich lange glaubte, sie würden seit dem Jahr meiner Geburt konsequent abgebaut.

Liebe Menschen Europas, wir tragen eine riesige Verantwortung für diesen Kontinent. Wir dürfen ihn nicht denjenigen überlassen, die ihn spalten. Diese Leute haben sich einem Weltbild verschrieben, das keine Zukunft hat. Wir müssen resistent bleiben gegenüber ihren bösartigen, klischeebeladenen und kleingeistigen Reden. Und liebe europäische Jugend – bewahrt Euch den Glauben an ein weltoffenes, solidarisches und grenzfreies Europa. An ein Europa, das in erster Linie der Demokratie und nicht den Märkten dient. Denn im Moment mag die Macht zwar noch in den Händen einer Elite liegen, die in alten, verkommenen Grenzen denkt. Aber eines Tages werden diese Leute nicht mehr an der Macht sein. Die Geschichtsschreibung wird sie auf Dauer als Verräter an der europäischen Idee brandmarken. Zumindest dann, wenn wir stark bleiben, und weiterhin für die Utopie eines geeinten und friedlichen Europas kämpfen.

Link zum kompletten Text: https://blog.michael-feindler.de/category/denkfunk/

Und hier noch eine Pressestimme:

„Mit der Gitarre in der Hand erzählt er davon, wie gut es uns doch eigentlich gehe, um dann mit treuem Augenaufschlag in seinen Gedichten und Liedern Bitterböses hübsch zu verpacken, intellektuell zu verdichten und es dann fast nebenbei dem Publikum in die Ohren zu träufeln.“

ASPEKT MAGAZIN, SEPTEMBER 2016

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